Warum Populismus, kurzfristiges Denken und Gewinn auf Kosten anderer
keine tragfähige Zukunft bieten
Den lautstarken Populisten ist es doch vollkommen egal, was die Folgen ihres fragwürdigen bis kriminellen „Redens“ sind!
In dem Moment …
- fühlen sie sich groß.
- fühlen sie sich mächtig.
- schaffen sie ein Feindbild.
- reißen sie ihr Publikum mit.
Oft geht es dabei um die Machterhaltung um ihrer selbst willen. Für den Augenblick. Die Wirkung im Moment ist das, was ein Populist sucht — doch genau hier beginnt das Problem: Wer so kurzfristig denkt und handelt, ist strenggenommen zur Arbeit für ein Gemeinwesen unfähig oder unwillig. Denn in der Politik zählt am Ende nicht das Ergebnis der eingefangenen Stimmung oder Stimmen, sondern das Reale im Leben, durch das Menschen gemeinsam und miteinander vorankommen.
Das Ergebnis muss sein: Ein Leben, das für alle leichter wird, ohne dies auf Kosten der Schwachen oder der Umwelt zu erreichen. Die Art von „Konservativismus“, die sich in nostalgischen Bildern von einem goldenen Zeitalter verliert, ist nicht zukunftsfähig — nicht nur, weil dieses Zeitalter vermutlich nie existierte, sondern weil formale Rückbindung nur emotionale Scheinsicherheit vermittelt, aber keine tragfähigen Lösungen liefert.
Nullsummen-Denkweise als Kernproblem
Ein Kernproblem dieser Denkweise ist das Nullsummenspiel.
Die Idee: Ich kann nur gewinnen, wenn der andere verliert.
Daraus folgt, dass Sabotage, Ausgrenzung, Feindbilder oder das gezielte Schüren von Angst legitime Mittel werden.
Sobald wir bei diesem Verhalten angekommen sind, ist das ganze Spiel ausnahmslos destruktiv – und hat bereits das Denken der gefühlten Gewinner vergiftet.
Diese Art von Erfolg in Selbstaufwertung und Fremdabwertung wirkt immer nur für einen Moment. Für einen kurzen Augenblick und muss
stetig wiederholt werden.
Wer auf diese Weise Erfolg
anstrebt gerät in einen Sog und wird süchtig! Wirklich süchtig.
Das neuronale Belohnungssystem erlebt eine Art Kurzschluss
, der süchtig macht. Süchtig auf Wiederholung.
Und der Wiederholungszyklus wird immer kürzer, fordert immer schneller Ausgrenzung, Abwertung und Opfer!
Das ist früher oder später geradezu zwangsläufig. Es ist ein Teufelskreis, der andere leicht mit in den Abgrund reißt.
Und dieser Kreislauf endet nie mit einem Einzelnen – er reißt ganze Systeme mit sich.
Die Wahrheit ist: Wenn einer so rücksichtslos handelt, verlieren alle. In einer globalisierten Welt heißt das im vollen Sinne: alle Menschen, jedes Lebewesen auf dem Planeten! Damit ist gute Politik und gutes Handeln, die auf einer anderen Denkweise beruhen, dringend erforderlich: Integration, Kooperation, Synergie.
Das destruktive Denken auf der anderen Seite, ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer tieferen psychologischen Dynamik. Wer in dieser Logik gefangen bleibt, denkt nicht nur politisch kurzsichtig, sondern handelt emotional unreif.
Psychologische Reife als politische Verantwortung
Wer Politik betreibt, gestaltet Bewusstsein im Maßstab der Gesellschaft. Doch viele politische Akteure agieren, als wären sie in den frühen Entwicklungsphasen des Ichs stecken geblieben. Das Nullsummen-Spiel ist – psychologisch gesehen – ein Symptom emotionaler Unreife: Es gehört zu jenen Stadien, in denen Macht, Kontrolle und Zugehörigkeit über Einsicht, Verantwortung und Kooperation gestellt werden.
Nach Erikson entspricht dieses Stadium der Phase „Autonomie vs. Scham“ – das Kind ringt um Selbstbehauptung und Kontrolle, noch unfähig zu echter Verantwortung. Selbstwirksamkeit wird auf dem Töpfchen erprobt. Das aktuelle KI-Video von Donald Trump erinnert daran. Auf der moralischen Ebene (nach Kohlberg) verharren viele Entscheidungsträger im präkonventionellen Denken: Belohnung, Strafe, Loyalität zur Gruppe – aber kein universelles Prinzip. Kognitiv (nach Piaget) bleibt das Denken konkret-operational: Wenn du etwas hast, bleibt für mich weniger. In der Selbstentwicklung nach Kegan ist das die instrumentelle Stufe – Beziehungen werden als Mittel zum Zweck betrachtet. Und spirituell (nach Fowler) entspricht sie der mythisch-wörtlichen Glaubensphase: „Wir“ gegen „die Anderen“.
Politik auf dieser Ebene ist kindisch, nicht kindlich. Sie produziert Scheinkonflikte, Feindbilder und Machtspiele – das, was auf dem Schulhof Streit, aber in der Gesellschaft Leid erzeugt. Erwachsenwerden hieße hier:
- Übergang von Ego-Logik zu System-Logik,
- von kurzfristigem Vorteil zu langfristiger Verantwortung,
- von Instinktreaktion zu integrativer Selbstführung.
Die nächste Entwicklungsstufe – das, was man mit Synergie- oder Integrationsdenken bezeichnet – ist keine Utopie, sondern ein Reifegrad. Sie setzt auf Kooperation, Perspektivenübernahme, Verantwortung und die Fähigkeit, Komplexität auszuhalten, ohne sie zu simplifizieren. Hier entsteht die Einsicht, dass Macht nicht in Kontrolle, sondern in Gestaltung besteht – und Freiheit nicht im Kampf, sondern in Verbindung.
Politische Reife beginnt nicht erst im Parlament, sondern in der alltäglichen Kommunikation. Jeder Mensch trägt Verantwortung für den Diskurs, den er mitgestaltet – und genau hier setzt Medienkompetenz als gesellschaftliche Reifeform an.
Darum lautet der Appell an die Politik:
- Werdet emotional erwachsen!
- Lernt, Konflikte zu tragen, statt sie zu instrumentalisieren.
- Lernt, zuzuhören, statt zu manipulieren und zu dominieren.
- Lernt, Systeme zu verstehen, statt Menschen zu benutzen.
Wer Verantwortung trägt, darf nicht im Stadium des Trotz-Alters stehen geblieben sein.
Er muss jene Integrationsleistung vollbringen, die reifes Menschsein auszeichnet und fördert:
- Verbindung statt Spaltung
- Entwicklung statt Regression.
Und damit das keine Forderung an andere bleibt, wollen meine Frau und ich dazu beitragen, dass die Zivilgesellschaft zu Werten zurückkehrt, die tragen. Darum geben wir Impulse weiter, die sinn- und wertstiftend sind. Darum bieten wir Bildung und Kurse an, die die Zivilgesellschaft in ihrem Zusammenhalt stärken und zur persönlichen wie kulturellen Integration aller beitragen – zum gemeinsamen Nutzen.
Ein pragmatischer Ansatz: Reife durch Medienkompetenz
Medienkompetenz, nicht nicht nur Schlagwort oder Technik, sondern auch Haltung und integratives Werkzeug, das uns selbst integriert und transformiert. Denn Medienkompetenz ist nur der Anfang eines Weges, der einerseits durch Reflexion unserer Kommunikationsmuster in die innere Tiefe führt und andererseits das Große und Ganze in das Blickfeld ruft.
Der Tox-Index als Werkzeug dieser Reife
Hier kommt der Tox-Index ins Spiel – sowohl als Kurs zur Medien- und Reflexionskompetenz als auch als Software-Tool zur Textanalyse. Der Tox-Index lehrt nicht nur, Muster wie Manipulation, Polemik oder Propaganda zu erkennen (z. B. Eristik, rhetorische Mittel, Faktencheck), sondern auch Wege aufzuzeigen, wie wir als Diskutierende, Schreibende oder Moderierende kooperative und integrative Denk- und Handlungsweisen aktivieren können. In einer Zeit, in der Reiz- und Empörungslogiken im medialen Raum dominieren, braucht es eine Haltung, die über das Erkennen hinausgeht: Reflexion und Transformation.
Medienkompetenz ist damit nicht nur ein technisches, sondern auch ein ethisches Lernfeld. Sie öffnet den Blick für die tieferliegende Frage: Was trägt, wenn wir kommunizieren – und warum tun wir es überhaupt?
Sinn, Werte und Integration als Lebenshaltung
Die Plattform Sinn & Werte leben zeigt, wie Menschen mit Lebensbrüchen, Werten und Glaubensfragen arbeiten können: Sie spricht von der Suche nach neuen Wurzeln, wenn alte nicht mehr tragen, und davon, wie Werte und Sinn Wege eröffnen.
Parallel dazu beschreibt das Projekt Ersatzkinder die tiefen psychosozialen Hintergründe jener, die unbewusst Rollen übernommen haben, in denen es nicht um ihr eigenes Leben, sondern um das Ersetzen eines anderen ging: Schuldgefühle, Identitätsunsicherheit, Bindungs- und Leistungsdruck – ein Muster, das klare Parallelen zum Nullsummen-Denkmodell aufweist.
Und schließlich greift bibelarbeit.info theologisch-hermeneutisch auf, dass Menschen nicht nur aus Trennung und Konkurrenz heraus leben, sondern in Verbindung, Versöhnung und Gemeinschaft geführt werden – als Fundament eines Integrationsverständnisses, das über reinen Gewinn hinausgeht.
Vom Denken zur Haltung: Integration als Lebensziel
Wenn wir Kooperation, Integration und Synergie ernst nehmen, bedeutet das:
- Die Fähigkeit, statt Gegnerinnen Partnerinnen zu sehen.
- Die Praxis, statt destruktiver Muster wirkungsvolle Gemeinschaft zu gestalten.
- Eine Haltung, statt kurzfristiger Wirkung langfristige Tragfähigkeit zu entwickeln.
Die Medien- und Reflexionsbildung im Rahmen des Tox-Index soll Teil dieser Haltung sein: Texte und Kommunikation nicht als Schlachtfeld begreifen, sondern als Möglichkeitsraum für Verbindung, Verantwortung und gemeinsame Zukunft. Denn echte Integration heißt nicht Anpassung – sondern die bewusste Verbindung von Eigen- und Fremdinteresse, von Selbst- und Gemeinschaftsentwicklung.
Fazit: Nur gemeinsam geht Zukunft
Wer heute Zukunft gestalten will, kann nicht mehr auf Nullsummen setzen. Wer meint, durch Feindbilder, Polarisierung und kurzfristige Wirkung gewinnen zu können, übersieht die tiefe Dynamik: Wir gewinnen nur gemeinsam. Und das gilt persönlich, gesellschaftlich und global.
Integration, Kooperation und Synergie sind keine utopischen Schlagworte – sie sind Haltungs- und Handlungs-Kategorien. Die Arbeit an sich selbst, an Medienkompetenz, an Wert- und Sinn-Orientierung ist damit nicht optional: Sie ist zentral für eine humane Zukunft. Der Weg beginnt mit dem Blick hinter die einfachen Spielzüge – und führt zu einem Leben, das trägt.
Primärquellen und weiterführende Literatur
Populismusanalyse
- Müller, Jan-Werner: Was ist Populismus? Suhrkamp, Berlin 2016.
- Mudde, Cas: The Far Right Today. Polity Press, Cambridge 2019.
Nullsummen-Logik und Kooperation
- Rapoport, Anatol: Fights, Games and Debates. University of Michigan Press, Ann Arbor 1960.
- Rapoport, Anatol: Strategy and Conscience. Harper & Row, New York 1964.
- Axelrod, Robert: The Evolution of Cooperation. Basic Books, New York 1984.
- Nash, John: Non-Cooperative Games. Dissertation, Princeton University 1950.
Psychologische Entwicklung
- Erikson, Erik H.: Identity and the Life Cycle. International Universities Press, New York 1959.
- Kohlberg, Lawrence: Essays on Moral Development, Vol. 1: The Philosophy of Moral Development. Harper & Row, San Francisco 1981.
- Kegan, Robert: The Evolving Self – Problem and Process in Human Development. Harvard University Press, Cambridge (MA) 1982.
- Fowler, James W.: Stages of Faith – The Psychology of Human Development and the Quest for Meaning. HarperOne, San Francisco 1981.
Neuropsychologie, Belohnungssysteme und Wiederholungsmechanismen
- Berridge, Kent C.; Robinson, Terry E.: The role of dopamine in reward. In: Brain Research Reviews, Vol. 28 (3), 1998, S. 309–369.
- Damásio, António R.: Descartes’ Error – Emotion, Reason, and the Human Brain. Putnam, New York 1994.
Systemisches Denken und Gesellschaft
- Meadows, Donella H.: Thinking in Systems – A Primer. Chelsea Green Publishing, White River Junction (VT) 2008.
- Bertelsmann Stiftung: Transformationsindex BTI. Laufende Publikationsreihe, Gütersloh.
- Freedom House: Freedom in the World Reports. Laufende Publikationen, Washington D.C.
- Bertelsmann Stiftung: Demokratie Monitor 2023 – Vertrauen, Polarisierung und Teilhabe. Gütersloh 2023.
- UNESCO: Media and Information Literacy Curriculum. UNESCO Publishing, Paris 2021.
Zeitgeschehen und empirische Belege
- Trump, Donald J.: Truth-Social-Beitrag mit Fäkalaussagen gegen die „NO-Kings“-Bewegung. Truth Social, veröffentlicht am 2025.10.18, Primärquelle.